Redebeitrag am 28.11.20

Wir, BlockZHG, waren gestern am Samstag den 28.11.20 ebenfalls in Köln auf der solidarischen Kundgebung zum Thema polizeiliche und staatliche Repression der Angeklagten G20-Demonstrant*innen. Veranstaltet wurde die Kundgebung von @aktion.bruehl , @antifaak , @antifakoelnsuelz , @ilkoeln , @kollektivedelweiss .

Ab dem 3.12. beginnen die Prozesse für die fünf jüngsten Angeklagten, die sogenannten Rondenbarg-Prozesse.

Polizeiliche Repression trifft nur wenige, sie BEtrifft aber uns alle, als Kollektiv! Wir haben die Situation genutzt, eine Rede vorzubereiten und erstmals öffentlich über die Repressionen zu sprechen, die die 89 Demonstrant*innen aus Remagen betreffen.

Wir ernteten viel solidarischen Zuspruch und fordern ein weiteres Mal dazu auf, sich bei uns zu melden, falls man zu den Betroffenen aus Remagen gehört!

Hier zum Video unserer Rede

Zum 14.11. riefen auch dieses Jahr wieder Neonazis zum „zentralen Heldengedenken“ in Remagen auf. 
Gehandelt wird das Ganze seit zwölf Jahren, unter dem Deckmantel eines „Trauermarsches“, für die gefallenen deutschen Soldaten der Rheinwiesenlager, welche sie unter dem Aspekt starker Geschichtsrevision für ihre rechtsradikalen Zwecke instrumentalisieren. Worauf es ihnen dabei wirklich ankommt, ist das Aufrechterhalten nationalsozialistischen Gedankenguts, das Feiern der Waffen-SS, das Erheben der Hitlerjugend, die Glorifizierung verstorbener Kriegsverbrecher. 
 
Aus diesem Grund planten wir das Blockadebündnis Block ZHG um den Naziaufmarsch zu blockieren. Als offenes Bündnis mit über zwanzig verschiedenen Unterstützergruppen aus unterschiedlichsten Städten riefen wir dazu auf, uns den selbsternannten Volkserrettern in den Weg zu stellen, erfolgreich, denn auch dieses Jahr schafften wir es auf ihre Route, störten sie und erzwangen eine Umleitung.
Wir planten, in der Nähe der Jahnstraße aus der Gegendemo auszubrechen und die Naziroute mit einer Sitzblockade zu stoppen. Es wurde im Vorfeld sichergestellt, dass die Corona-Schutzmaßnahmen erfüllt bleiben, es wurden FFP2-Masken verteilt und darauf geachtet, dass genügend Abstand zu den Genoss*innen eingehalten werden konnte. 
In der Jahnstraße stellte sich dem die Polizei in den Weg. Bereits bei unserer Ankunft prügelten sie ohne Aufforderung, das Gelände zu verlassen, auf uns ein. Es gab keine Feststellung potenzieller Ansprechpartner, keine Möglichkeit, ihnen aus dem Weg zu gehen, keine Kommunikation. Und das ohne Provokation unsererseits! 
Binnen weniger Sekunden wurden die Demonstrant*innen in einem Kessel so eng zusammengepfercht, dass ihnen kaum Luft zum Atmen blieb. Neuankömmlinge wurden brutal weggeschlagen oder weggetragen, ohne auch nur den Versuch einer Übereinkunft zu treffen. Die Polizist*innen kümmerten sich nicht um die Lage im Kessel, in dem Menschen übereinanderfielen, ohne die Möglichkeit zu haben, sich wieder aufzurichten. Die Einhaltung Coronakonformer Mindestabstände wurde durch das Handeln der Polizei unmöglich.
Währenddessen wurden diejenigen, die nicht im Kessel gelandet waren und nicht früh genug weggelaufen sind, auf der anderen Straßenseite festgehalten. Unter anderem befanden sich dort zwei Demosanitäter, die nicht zu Verletzten durchgelassen worden sind. Ein polizeilicher Befehlshaber versuchte mehrfach, sie wegzuschicken, weil es „keine weiteren Gewalthandlungen“ mehr geben würde, woraufhin die Sanitäter selbstverständlich trotzdem blieben.
Nach kürzester Zeit wurden sie zu den nächsten Verletzten gerufen, denn entgegen der öffentlichen Ankündigung wurden, wie von uns leider erwartet, weitere Gewaltakte seitens der Polizei ausgeführt!
 
Als die Straße freigeprügelt worden war, leiteten die Polizist*innen den Naziaufmarsch abgesichert zwischen den Demonstrant*innen hindurch. In diesem Zuge kam es erneut zu nicht gerechtfertigtem heftigem Gewalteinsatz gegen die Genoss*innen im Kessel, die ohne Grund erneut stark zurückgedrängt und mit Schlägen malträtiert wurden. Es wurde Pfefferspray eingesetzt, nicht selten auf Augenhöhe, wofür es keine Rechtfertigung gab. Es kam erneut unnötigerweise zu Verletzten, die später ärztlich behandelt werden mussten,  einem Demonstranten wurde die Nase gebrochen, es kam zu Gehirnerschütterungen, Prellungen, Schürfwunden. Eine Genossin berichtet, dass ein Polizist der Person neben ihr immer wieder mit der Faust auf den Kopf geschlagen hat, ohne, dass es dafür einen Anlass gegeben hätte.
In den folgenden Stunden wurden Bitten um Toilettengänge verwehrt, Einzelpersonen, die den Block freiwillig verlassen wollten, wurden übergangen. Als es zu scheinbar willkürlichen Einzeldurchsuchungen kam, wurden die betreffenden Personen mit massiver Gewalt aus dem Block gezerrt, anstelle die sich freiwillig meldenden Teilnehmer*innen der Blockade beiseite zu nehmen. Des Weiteren lässt es sich als psychische Gewalt bezeichnen, dass die Polizist*innen sich über die Bitte, genderneutrale Begriffe zu verwenden und die Demonstrant*innen mit den gewünschten Pronomen anzusprechen, hinwegsetzte, sogar lustig machten! 
Die Genoss*innen, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite festgehalten wurden, wurden nach etwa einer Stunde freigelassen. Es gelang ihnen, an einer anderen Stelle die Naziroute zu kreuzen, wo die Polizei mit Pfefferspray und Kampfhunden ohne Maulkorb auf sie losging, ohne auch nur den Versuch einer Kommunikation zu machen. 
Währenddessen blieb der Kessel bestehen, bei allen 89 Personen wurden ausnahmslos die Personalien festgestellt. Bei den Durchsuchungen kam es zu Fällen sexualisierter Gewalt, eine Person wurde gezwungen, intime Körperbereiche freizulegen, eine Frau musste sich in Anwesenheit männlicher Polizisten entkleiden. Den Demonstrant*innen wurde mitgeteilt, dass sie ausnahmslos Anzeigen wegen Körperverletzung, Landfriedensbruchs und Widerstand gegen die Staatsgewalt erhalten würden, dass ihre Prozesse ebenso gehandelt werden würden, wie die jetzt anlaufenden Prozesse der G20-Proteste. Um Exempel zu statuieren! Es handelt sich dabei um eben die Paragraphen, die vor drei Jahren kurz vor den Gipfelprotesten verschärft worden sind.
 
Direkt am Abend des benannten Samstags dem 14.11. brachte der SWR die erste Kurzmeldung, nach der „gewaltbereite Linksautonome“ Angriffe auf die Polizei mobilisiert hätten und nur durch Einsatz mehrerer Großaufgebote im Zaum gehalten werden konnten. Des Weiteren wurde hervorgehoben, dass es Verletzte auf Seiten der Polizei gegeben hätte. Die Beamten, um die es dabei geht, konnten problemlos weiter arbeiten, während die Verletzten auf Seiten der Demonstrant*innen nicht mit einem Wort erwähnt wurden. 
In den folgenden Tagen kam es vermehrt zu unkritisch übernommenen Aussagen der Polizei seitens verschiedener Medien. Statt beide Parteien zu interviewen, beide Sichtweisen darzustellen und kritisch damit zu arbeiten, wie es Journalisten eigentlich tun sollten, wurden die Pressemitteilungen der Polizei fraglos übernommen. 
Der Deutsche Journalistenverband ließ letztes Jahr verlauten, dass die „Polizei bei Auseinandersetzungen Partei sei und nicht unparteiischer Beobachter“, was zwangsläufig dazu führt, dass deren Pressemitteilungen hinterfragt werden müssen! In diesem Fall ein klares Versagen der Medien!
Denn wer sind wir? Wir, als BlockZHG Blockadebündnis, sind ein Zusammenschluss offener Jugendgruppen, keine Linksautonomen, und es wurden mit Sicherheit keine gewalttätigen Übergriffe auf die Polizei forciert! 
 
An diesem Tag hat die Polizei erneut bewiesen, auf wessen Seite sie wirklich steht. 
Demonstrant*innen drohen ungerechtfertigte Prozesse, der Öffentlichkeit wird durch gezielte Verleumdung ein falsches Bild von uns vermittelt, Gewalt gegen linksgerichtete Gruppen seitens der Polizei wird immer alltäglicher. 
Was könnt ihr dagegen tun? 
Wenn ihr Betroffene durch die Repression der Polizei kennt, vermittelt ihnen unseren Kontakt, damit sie uns ihre Emailadresse zukommen lassen können. 
Werdet Mitglied in der Roten Hilfe, spendet, damit die Prozesskosten mitgetragen werden können. 
Und nicht zuletzt: schafft Aufmerksamkeit. Redet über das, was passiert ist, damit die Lügen der Polizei nicht so stehenbleiben. 
 
Wir waren in Remagen, um Neonazis zu blockieren, denn solange sie auf unseren Straßen marschieren, werden wir dagegen ankämpfen! Nazis blockieren ist legitim! Nazis keine Plattform bieten ist legitim! Nazis zeigen, dass sie nicht willkommen sind, ist legitim!