Langbericht

Erfolgreicher Protest am 14.11.20 in Remagen – Nazis blockieren ist legitim

Wir vom blockzhg-Bündnis blicken auf einen erfolgreichen Tag am 14.11.20 zurück. An diesem Tag marschierten ca. 90 Neonazis von Kameradschaften und Neonazi-Parteien in Remagen auf und verehrten ganz offen die Waffen-SS, die Hitlerjugend und die Wehrmacht. Sie selbst nennen ihren Aufmarsch ,,zentrales Heldengedenken“, da in den Rheinwiesenlagern viele ihrer Helden verstorben sind. Wir stellten uns den Neonazis in den Weg, um sie zu blockieren. Im Folgenden werden wir unsere Bündnisarbeit und den Aktionstag auswerten und liefern anschließend einen kurzen Ausblick auf unsere künftige aktivistische Arbeit.

Organisation und Mobilisierung

Wir haben unser aus ca. 20 Gruppen bestehendes offenes Bündnis bereits früh aufgebaut und vernetzt. Unsere unterstützenden Gruppen sind vor allem parteinahe Gruppierungen, wie die Linksjugend ’solid und der SDS, sowie offene Jugendgruppen, wodurch wir eine breit gefächerte Aufstellung und einen offenen Charakter haben.

Unser gemeinsames Ziel war es, den Naziaufmarsch „Zentrales Heldengedenken“ mit Blockaden zu verhindern und somit an die Erfolge der Vorjahre anzuknüpfen.

Bereits in den Wochen davor war jedoch deutlich bemerkbar, dass der Staat sein Vorgehen gegen Links verstärkt: Im Vorfeld der Aktion kam es zu Razzien gegen drei Strukturen aus unserem Bündnis. Anlass für die Razzien war nicht die Aktion in Remagen.

Die Razzien stehen beispielhaft für die verschärfte Repression von Justiz, Polizei und Politik gegen Links, während Neonazis in ihren eigenen Reihen toleriert werden. Auch andere Beispiele, wie die Inhaftierung von Lina (https://freiheitfuerlina.noblogs.org/), Jo (https://freiheit-fuer-jo.org/) und Dy (https://de.indymedia.org/node/115641), die Repression im Danni (http://waldbesetzung.blogsport.de/) und die Verfahren gegen die G20-Gegner:innen (https://rondenbarg-prozess.rote-hilfe.de/) zeigen, wie der Staat seinen Kampf gegen Links intensiviert. Wir ließen uns davon nicht beirren und hielten am Ziel, den Naziaufmarsch zu verhindern, fest.

Letztes Jahr griffen Neonazis bewaffnet am Bonner HBF Gegendemonstrant:innen an, die sich auf ihrer Heimreise von den Aktionen in Remagen befanden (https://perspektive-online.net/2019/11/naziaufmarsch-in-remagen-gestoert-polizei-schuetzt-naziangriff-am-bonner-hauptbahnhof/ ). Auch dieser potentiellen Gewalt von Rechts waren wir uns bewusst und bereiteten uns vor, uns bestmöglich zu schützen. An dieser Stelle möchten wir uns mit den Antifaschist:innen solidarisieren, die 2019 am Bonner HBF Zivilcourage gezeigt haben, sich gegen die Nazis gewehrt und damit die Angegriffenen unterstützt haben. Einer der Antifas muss leider eine hohe Geldstrafe zahlen, hier geht es zum Spendenkonto: https://www.gofundme.com/f/solidaritat-gegen-nazis-und-repression

Die allgemeine Corona-Lage und auch der dann einberufene Lockdown veranlassten uns nicht dazu, die Blockaden ausfallen zu lassen, sondern ein Hygienekonzept zu erstellen. Wir beabsichtigten, vor, nach und während der Blockaden Abstand zu halten. Wir haben öffentlich dazu aufgerufen, FFP2-Masken zu tragen, diese als Bündnis angeschafft und im Vorfeld sowie vor Ort an alle Aktivist:innen verteilt. Zur Dokumentation der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften unsererseits wurde u.a. ein Abstandsband mit markierten Abständen organisiert – letztlich wurde die Einhaltung unseres Konzepts jedoch durch die Polizei unterbunden. Die Einkesselung durch Polizist:innen machte uns die Einhaltung des gesetzlichen Mindestabstands unmöglich. Unsere kollektive Aufforderung, uns dieses Recht zu gewähren, wurde willentlich ignoriert. Somit wurden alle Aktivist:innen einem vermeidbaren Infektionsrisiko ausgesetzt.

Schon Wochen, bevor die Nazis ihren Marsch offiziell angemeldet hatten, begann unsere Mobilisierung von Aktivist:innen in NRW und Rheinland-Pfalz. Neben Flyern und Plakaten nutzten wir verstärkt Social Media und veröffentlichten drei Mobivideos. Auch in diesem Jahr hatten wir wieder separate Anwohner:innenflyer und vor Ort in Remagen einen Infostand, um mit ihnen in Kontakt zu treten und uns auszutauschen. An dieser Stelle möchten wir uns für die Unterstützung solidarischer Anwohner:innen bedanken, die wir jedes Jahr bekommen.

Unsere geplanten Vorträge und Blockadetrainings haben wir aufgrund von Corona nicht physisch, sondern online durchgeführt. Zwei der Vorträge kann man auch im Nachhinein noch anschauen (Solid NRW: https://www.youtube.com/watch?v=EC3y8vEFAwU&t=5s und Café Clément: https://fb.watch/1yM4E-YpeI/). Darin geht es um den Zusammenhang von Faschismus und Kapitalismus, wieso Nazis in Remagen demonstrieren, die Blockaden in den letzten Jahren und auch um mögliche Repression.

Im Vorfeld der Aktion hatten wir Kontakt und standen im Austausch mit Aktivist:innen aus anderen Bündnissen und Strukturen, die ebenfalls Proteste vor Ort organisierten. Wir begrüßen, dass es solche Absprachen gab und erhalten diese gerne aufrecht.

Der Tag des ,,zentralen Heldengedenkens“

Vor Ort in Remagen bildeten wir am Ende der Gegendemo einen eigenen Block, mit etwa 150 Personen, welcher einen kämpferischen und antifaschistischen Ausdruck innehatte. Relativ früh verließen ca. 120 Personen die Demo und machten sich auf den Weg zu den Blockadezielen. Unser Ziel war es, die Jahnstraße einschließlich des Bürgersteiges zu besetzen und somit den Naziaufmarsch zu blockieren.

Direkt bei unserer Ankunft prügelte uns die Polizei, jedoch von der Straße weg, in eine Parklücke sowie auf den angrenzenden Bürgersteig. Ca. 30 Personen wurden von der Polizei noch auf der gegenüberliegenden Straßenseite aufgehalten.

Jene 89 Antifaschist:innen, die gemeinsam versucht hatten, die Blockade zu errichten, wurden brutal eingekesselt.

Es kam erneut zu Ausschreitungen auf Seiten der Polizei, als der Naziaufmarsch vorbeikam: Viele Aktivist:innen wurden erneut unter dem Einsatz von Schlagstöcken zusammengeschlagen.

Nach mehreren Stunden im Kessel wurde jede:r einzeln abgeführt, Personalien wurden aufgenommen und Videoaufnahmen angefertigt .

Den 89 Betroffenen wird Körperverletzung, Widerstand, Landfriedensbruch und tätlicher Angriff vorgeworfen.

Auch, wenn es gut gewesen wäre, die Blockade erfolgreich zu errichten und aufrecht zu erhalten, möchten wir noch einmal betonen:

Für uns zählt in erster Linie, dass wir es geschafft haben, die Nazis auf ihrem Hinweg massiv zu stören und dass sie auf ihrem Rückweg durch die Polizei umgeleitet werden mussten!

Die 30 anderen Aktivist:innen konnte ohne Kontrollen bereits früher die Jahnstraße verlassen und machten sich auf den Weg zum nächsten Blockadeversuch. Obwohl es überall auf der Route Absperrungen und Polizist:innen gab, erreichten auch einige von ihnen die Nazi-Route. Sie setzten sich unter Einhaltung von Abständen hin, schafften es jedoch leider nicht, lange zu bleiben oder noch mehr Leute auf die Route zu bringen.

Die 30 Personen, die bei der Gegendemo im Block geblieben sind, berichteten uns im Nachhinein von einer guten Stimmung in ihrem Block. Nachdem die Gegendemo an der Hochschule angekommen war, führten die 30 Genoss:innen eine Spontandemo durch und holten unsere Leute aus dem Kessel ab. Vielen Dank dafür!

Abgesehen von unseren Blockade-Aktionen gab es dieses Jahr auch eine Lock-on-Blockade, bei der sich mehrere Personen an Stahlrohre ketteten, um eine Straße zu blockieren. Diese Aktion begrüßen wir ausdrücklich!

Fazit und Aussicht

Die Mobilisierungsstärke trotz aller Umstände, die Blockadebereitschaft und Fähigkeit, auf die Route zu gelangen, um die Nazis zu stören, sowie zu guter Letzt die kämpferische Stimmung jede:r Einzelnen zeigen uns, dass die Aktion insgesamt auf jeden Fall ein Erfolg war.

Wir als Bündnis werden nun kontinuierlich weiter aktiv sein und öffentliche Antirepressionsarbeit leisten – denn: Nazis blockieren ist legitim! Die Vorwürfe gegen uns sind es nicht. Angeklagt sind nicht ,,nur“ 89 Personen, sondern auch die Blockade als Aktionsform, denn mit einer Verurteilung wird automatisch eine Grundlage für kommende Urteile geschaffen!

Die Strafanzeigen werden, genau wie der Naziaufmarsch, von uns nicht individuell, sondern kollektiv und politisch beantwortet!

Es wird Solidaritäts-Sticker, -Flyer, -Plakate und -Shirts geben. Auch wird es in den kommenden Monaten Redebeiträge, Aktionen und andere Veranstaltungen von unserer Seite geben. Weiterhin ist eure Solidarität gefragt: Wir freuen uns über alle, die an uns spenden und die Kontodaten verbreiten. Die Kontodaten für das Spendenkonto werden zeitnah kommen.

Nächstes Jahr werden wir selbstverständlich erneut gegen den Naziaufmarsch in Remagen vorgehen. Wir lassen uns nicht einschüchtern, sondern unterstützen uns gegenseitig.

Für alle Betroffenen haben wir einen Mail-Verteiler eingerichtet, um mit jede:r Aktivist:in in Kontakt zu bleiben und als persönliche Ansprechpartner:innen zur Verfügung zu stehen.

Die staatliche Repression schweißt uns umso mehr zusammen, stärkt unseren Zusammenhalt und unseren Willen, uns der rechten Szene entschlossen und solidarisch entgegenzustellen.